Kulturprogramm
Werner Bergengruen – ein deutschbaltischer Dichter im geistigen Widerstand gegen den Nationalsozialismus
- 23. Jan 2018
- Eingestellt von: Vaike Hint
- Kategorien: Kulturprogramm Nachrichten
Deutschsprachiger Vortrag von Elimar Schubbe am 30. Januar um 16 Uhr in der Tartuer Germanistik, Lossi 3-304.
Elimar Schubbe, geb. 1934 in Reval/Tallinn spricht über einen der bekanntesten deutschbaltischen Schriftsteller Werner Bergengruen (1892–1964). Seine Werke „Der Tod in Reval“ und „Am Himmel wie auf Erden“ sind auch ins Estnische übersetzt worden. Für die Übersetzung des letzteren Werkes wurde der Übersetzer Mati Sirkel 2014 mit dem Friedrich-Gundolf-Preis der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtkunst ausgezeichnet.
Werner Bergengruen wurde 1892 in der Familie des deutschbaltischen Arztes Paul Bergengruen in Riga geboren und 1903 auf Beschluss der Familie nach Deutschland zur Schule geschickt. Diese bildungspolitische Entscheidung seiner Eltern hat er später selbst als „Herausreißung aus meiner natürlichen Welt“ und „Deportation“ genannt (Bergengruen: Schnaps mit Sakuska, 1986: 108). Nach dem Studium und der Kriegsteilnahme war Bergengruen als Journalist tätig und wirkte ab 1927 als freier Schriftsteller. Er schrieb Romane, Erzählungen und Gedichte und übersetzte auch aus dem Russischen. 1936 konvertierte er zum katholischen Glauben.
Einer seiner erfolgreichsten Romane war „Der Großtyrann und das Gericht“. 1937 wurde er aus der Reichsschrifttumskammer mit der folgenden Begründung: „da Sie nicht geeignet sind, durch schriftstellerische Veröffentlichungen am Aufbau der deutschen Kultur mitzuarbeiten“ ausgeschlossen. Seine kritische Stellung zum Nationalsozialismus bildet auch das zentrale Thema des Vortrags. Elimar Schubbe schreibt: „Nachdem mein (sehr guter) Deutschlehrer meinte, daß ich (in der Abiturklasse) Bergengruen falsch interpretiere, schrieb ich an Bergengruen und fragte ihn, ob er nicht die im Roman „Am Himmel wie auf Erden“ diskriminierten Wenden symbolisch für die verfolgten Juden im NS-Regime meine. Bergengruen antwortete: „Ich wollte einen Roman über die moralischen Grundwerte schreiben, aber habe selbstverständlich in diesem Roman mein Wort zur Zeit gesagt“. Bergengruen stand auch in Verbindung zur studentischen Widerstandsgruppe „Die Weiße Rose“ in München. Als 1962 in Jerusalem der Eichmann-Prozess begonnen wurde, ist Bergengruens Gedicht „Die letzte Epiphanie“ (1944) öffentlich verlesen worden.
Elimar Schubbe wurde 1934 in Reval geboren, 1939 kam die Familie im Zuge der Umsiedlung der baltischen Deutschen in den sog. Warthegau. 1945 kam die Familie auf der Flucht in die sowjetisch besetzte Zone, um erst später nach Westdeutschland ausreisen zu können. Elimar Schubbe hat Geschichte, Wirtschaft und Theologie studiert und lange Zeit als Journalist und Publizist gewirkt. Er ist Mitglied der CDU Nordrhein-Westfalen und im Evangelischen Arbeitskreis in Bonn aktiv. Als engagierter Freund Estlands hat er große Verdienste in der Kontaktpflege und Kulturvermittlung zwischen Estland und Deutschland. Nach der Wende organisierte er unzählige deutsche Gruppenreisen nach Estland, um dieses Land und seine Geschichte vorzustellen. Für seine Verdienste im kirchlichen Bereich wurde ihm 2014 die Kooperationsmedaille der Estnischen Evangelischen Kirche verliehen.
Der Vortrag von Elimar Schubbe findet in Zusammenarbeit mit der Gesellschaft für deutschbaltische Kultur in Estland statt.
Alle sind herzlich willkommen!
Nähere Informationen: Tartuer Germanistik, Reet Bender (reet.bender@ut.ee)